2020 wird in den Möbelhäusern viel helles Holz, Rattan und Samt bei den Polstermöbeln zu sehen sein. Das Thema Nachhaltigkeit wird dort sicherlich stärker als bisher Einzug halten – denn das wird inzwischen von den Kunden erwartet. Trends wie diese zeichneten sich im Januar in Köln auf der internationalen Möbelmesse imm cologne ab.
Händler vor allem aus Europa und Asien kaufen dort jedes Jahr bei den Möbelproduzenten, unter denen auch einige Handwerksunternehmen sind, ein. In diesem Jahr haben die internationale Kölner Möbelmesse, bei der das Thema Nachhaltigkeit in aller Munde war, 130.000 Menschen aus aller Welt besucht. Viele der 1.233 Aussteller warben damit, dass sie zertifizierte Hölzer einsetzen, klimaneutral produzieren oder zumindest versuchen, ihre Verpackungen zu reduzieren. Vereinzelt hatten Firmen zumindest ein Produkt aus recycelten Materialien im Angebot. Jedoch stehen die meisten Möbelproduzenten noch am Anfang, wenn es darum geht, nachhaltig zu produzieren. Verbraucher, die auf eine umweltschonend hergestellte Möbel Wert legen, können auch zu ihrem lokalen Tischler gehen, empfiehlt Olaf Korr, Obermeister der Tischler-Innung Aachen: „Tischler bauen für ihre Kunden gerne Möbel aus regionalen Hölzern, die FSC- oder PEFC-zertifiziert sind, und behandeln sie mit ökologisch unbedenklichen Ölen. Der Transportweg von der Werkstatt zum Kunden ist kurz und fällt so nicht ins Gewicht.“
Stilmix und modulares Wohnen
Während sich die Wohnungen noch in den 80er Jahren stark ähnelten, sind die Wohnsituationen und Einrichtungsstile heute von einer schier unendlichen Vielfalt geprägt. Bei den Polstermöbeln gab es auf der imm wahre Landschaften für großzügig geschnittene Wohn-Küchenbereiche, die häufig aus Einzelmodulen nach Bedarf zusammengesetzt werden können. Doch auch bei den Minisofas für kleine Zimmer ist das Angebot riesig. Häufig zu sehen sind jetzt auch Polsterbänke, z.B. für das Schlafzimmer.
Lust auf Tradition
Die fortschreitende Digitalisierung, durch die wir uns zunehmend in virtuellen Welten aufhalten, scheint die Sehnsucht der Menschen nach handfesten, bewährten Dingen und das Bedürfnis nach Erdung zu beflügeln. Offensichtlich gibt es eine große Lust auf Dinge mit Tradition und Geschichte, wenn es um das Einrichten geht: „Dinge aus der Vergangenheit sind der neue Luxus“, bringt die Designerin und Trendbeobachterin Zuzanna Skalska diese Strömung auf den Punkt. Handwerklich hergestellte Holzmöbel, zum Teil mit Intarsien und kunstvollen Schnitzereien, mundgeblasene Gläser, getöpferte Gefäße, handgeknüpfte Textilien und – in diesem Jahr ganz besonders häufig zu sehen – handgeflochtenes Rattan hatte auf der imm Konjunktur.
Natürliche Materialien
Linoleum, Wolle, Filz, Gräser und Natursteine wie Marmor gab es auf der imm 2020 überall an den Ständen zu sehen. Die Menschen, von denen in Deutschland jeder Dritte in einer Großstadt lebt, holen sich gerne ein Stück Natur ins Haus. Die Hauptrolle spielte aber das Holz, bei dem natürliche Eigenheiten wie Astlöcher und Risse, die früher als Fehler galten, sogar noch betont werden. Sand-, Erd-, und Holzfarben sind weiterhin sehr beliebt. Für farbige Abwechslung sorgten vor allem Polstermöbel, Textilien, Teppiche und die derzeit beliebten Tapeten mit auffälligen Mustern, die nur an eine Wand geklebt werden. Angesagt sind auch geometrische grafische Elemente, vor allem bei Teppichen und Textilien.
Neues Statussymbol
Während das Statussymbol Auto zunehmend kritisch betrachtet wird, gewinnt das Thema Wohnen und Einrichten immer mehr an Gewicht, wenn es darum geht, der eigenen Individualität Ausdruck zu verleihen. Davon zeugen unzählige gepostete Einrichtungsbilder in den sozialen Medien. Um möglichst viele individuelle Wünsche zu erfüllen, bietet die Industrie ihre Möbel zunehmend in verschiedenen Maßen und Farben an. Doch der Vielfalt ist hier aufgrund der Produktionsbedingungen Grenzen gesetzt. Ganz anders ist das bei handwerklich gefertigten Möbeln vom Tischler, der stets Unikate fertigt: „Für uns war es schon immer selbstverständlich, dass wir für jeden unserer Kunden sein Möbel entwerfen und auf Maß bauen, das zu seinen Bedürfnissen, seiner Wohnung und seinem Geschmack passt“, sagt Obermeister Olaf Korr.
Effizienter Wohnen
Hohe Mieten und Immobilienpreise führen auch in vielen Regionen Deutschlands dazu, dass sich nicht nur Singles, sondern auch Paare und Familien für relativ kleine Wohnungen entscheiden müssen, selbst wenn sie gut verdienen. Dementsprechend groß ist das Angebot an platzsparenden, flexiblen und dabei komfortablen Möbeln. Auf der imm gab es eine Fülle an kleinformatigen Möbeln mit Doppelfunktionen zu sehen: z.B. einen Beistelltisch, der auch als Hocker nutzbar ist oder den Tisch, der innerhalb von Sekunden in ein Regal verwandelt werden kann.
Goldene Zwanziger
Auf der anderen Seite stehen durchschnittlich pro Kopf in Deutschland immerhin knapp 47 Quadratmeter Wohnraum zur Verfügung. Das liegt zum einen an den vielen Singles, zum anderen aber auch an den größeren Zuschnitten der Häuser und Wohnungen. Doch auch im geräumigen Wohnbereich ist nicht mehr die Schrankwand gefragt, sondern mehrere kleinere Elemente wie Sideboards und Regale. Als Gegentrend zu sehen waren auf der imm aber auch opulentere Wohnstile: Im Trend liegt insbesondere der Art-déco-Stil mit vielen Anlehnungen an die „Goldenen Zwanziger“: Üppige Polster aus dunkelblauem Samt oder Leder, vergoldete Möbelfüße und Lampen, glitzernde und schimmernde Materialien, viel Schwarz und gedeckte Töne sowie großflächig eingesetzten Marmor gab es an so manchem Stand zu sehen.
Draußen und Drinnen
Nicht nur die Einrichtung von Wohnzimmer und Küche wächst zusammen, auch Außen und Innen verschmelzen zusehends: Immer mehr Menschen richten sich ihre Terrasse oder den Garten als erweitertes Wohnzimmer ein. Mit wetterfesten Polstermöbeln, Sideboards, Liegen, Leuchten und Accessoires wie Kissen und sogar Teppichen sind hochwertige Outdoor-Möbel kaum noch von Indoor-Möbeln zu unterscheiden. Der Klimawandel könnte in Deutschland den Outdoor-Trend noch verstärken: Hierzulande ist die Durchschnittstemperatur seit Beginn der Industrialisierung um 1,5 Grad gestiegen und heiße, trockene Sommer wie in den vergangenen zwei Jahren wird es zukünftig voraussichtlich häufiger geben.